Fachhochschulreife an der Waldorfschule
Waldorfschulen sind in Deutschland staatlich genehmigte oder anerkannte Ersatzschulen in freier Trägerschaft, an denen nach der von Rudolf Steiner begründeten Waldorfpädagogik unterrichtet wird. In der BRD gab es Stand Februar 2020 252 Waldorf- bzw. Rudolf-Steiner-Schulen mit 89.712 SchülerInnen. Im Jahr 2018 erhielten 351 Absolventen/Abgänger der Freien Waldorfschulen die Fachhochschulreife und 87 "nur" den schulischen Teil.
Abschlüsse an deutschen Waldorfschulen
Die Regelschulzeit an deutschen Waldorfschulen beträgt zwölf Jahre und endet mit dem in Deutschland staatlich nicht anerkannten Waldorf(schul)abschluss. Während dieser Zeit, bzw. mit Schulabgang, ist aber in der Regel der Erwerb staatlicher Schulabschlüsse der Sekundarstufe I (Haupt- und Realschulabschluss) und der Sekundarstufe II (Abitur) möglich. Auch das Fachabitur kann dabei unter bestimmten Bedingungen in einzelnen Bundesländern erworben werden, entweder "nur" der schulische Teil oder sogar die volle Fachhochschulreife, das heißt inklusive des für ein Studium benötigten berufsbezogenen Teils.
Fachhochschulreife in 12 oder 13 Schuljahren an der Waldorfschule
Die meisten Waldorfschulen bieten eine zusätzliche 13. Jahrgangsstufe an, um die Schüler zum Abitur zu führen, jedoch kann auch die Fachhochschulreife erworben werden. Die (Prüfungs-)Regelungen weichen in den Bundesländern regelmäßig voneinander ab.
So kann z.B. in Baden-Württemberg die Fachhochschulreife an staatlich anerkannten Freien Waldorfschulen gemäß der "Verordnung des Kultusministeriums über den Erwerb der Fachhochschulreife an Freien Waldorfschulen" derzeit schon von Absolventen der 12. Klasse nach Prüfung erworben werden. Die Qualifikation für das Studium an einer Fachhochschule bzw. gleichgestellten Hochschule ergibt sich in diesem Fall aber per se erstmal nur für Baden-Württemberg selbst und nicht bundesweit (andere Bundesländer oder Hochschulen erkennen die FHR mitunter trotzdem an, daher frühzeitig dort erkundigen!).
In Berlin (Emil Molt Akademie) und Nordrhein-Westfalen (mehrere) gibt es zudem Waldorfberufskollegs, an denen die Fachhochschulreife in beruflichen Bildungsgängen (wie der Fachoberschule) direkt erworben werden kann.
KMK-Vereinbarung über die Durchführung der Abiturprüfung für Schülerinnen und Schüler an Waldorfschulen
Eine Möglichkeit, die Fachhochschulreife an Waldorfschulen zu erhalten, ergibt sich auch aus Ziffer/Abschnitt 9 der "KMK-Vereinbarung über die Durchführung der Abiturprüfung für Schülerinnen und Schüler an Waldorfschulen". Denn bei Nichtbestehen der Prüfung zum Erwerb der Allgemeinen Hochschulreife kann unter bestimmten Bedingungen nach Entscheidung der Länder - außer in Bayern und Sachsen - der schulische Teil der Fachhochschulreife erworben werden. Der Nachweis des berufsbezogenen Teils der FHR erfolgt gemäß den Regelungen in Ziffer 12.4 der "Oberstufenvereinbarung" in der jeweils gültigen Fassung. Die Fassung vom 15.02.2018 sieht dabei als Nachweis des berufsbezogenen Teils folgende Möglichkeiten vor:
- eine abgeschlossene Berufsausbildung nach Bundes- oder Landesrecht, oder
- ein einjähriges gelenktes Praktikum, wobei einem Praktikum die mindestens einjährige kontinuierliche Teilnahme an einer Berufsausbildung nach Bundes- oder Landesrecht gleichgestellt ist, oder
- ein freiwillig abgeleistetes soziales oder ökologisches Jahr, den Wehr- oder Zivildienst sowie den Bundesfreiwilligendienst. Abgeleistete Dienste von unter einem Jahr Dauer können auf die Dauer eines gelenkten Praktikums (Punkt 2) angerechnet werden.
Die Zeugnisse der Fachhochschulreife "auf Basis" der eben erwähnten KMK-Vereinbarungen werden - außer in den Ländern Bayern und Sachsen - gegenseitig anerkannt. Das gilt auch für den schulischen Teil der Fachhochschulreife.
An dieser Stelle wird darauf hingewiesen, dass die Umsetzung der KMK-Vereinbarungen Ländersache ist: Die Bundesländer können die Bestimmungen oder Teile der selbigen umsetzen. Das bedeutet auch, dass nach dem Erwerb der Fachhochschulreife an Waldorfschulen nicht automatisch eine Anerkennung in anderen Bundesländern vorliegt, insbesondere dann, wenn die KMK-Vereinbarungen für den entsprechenden "Bildungsgang" nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt wurden. Darauf gilt es im Vorhinein zu achten!
Weiterführende Informationen gibt es unter anderem auf den Internetseiten des Bundes der Freien Waldorfschulen e.V.: https://www.waldorfschule.de/